Verlassenes Fürstenhut (Knizeci Plane)

Verlassenes Fürstenhut (Knizeci Plane) Grenzerfahrungs Tour

Eine Wanderunge durch die Geschichte, über Ländergrenzen und Vergangenheit hinweg.

Knizeci Plane (deutsch Fürstenhut) ist ein verlassenes Dorf im Nationalpark Šumava in Tschechien. Der Ort liegt wenige hundert Meter von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt in der Gemeinde Borová Lada. Die nächstgelegene Ortschaft war das heute ebenfalls nicht mehr existierende Buchwald (Bucina). Heute sind die nächsten Dorfer auf tschechischer Seite das im Nordosten liegende Borová Lada (dt. Ferchenhaid, ca 6 km) und Kvilda (dt. Außergefild, 7 km). Etwa vier Kilometer Luftlinie entfernt im Süden auf deutscher Seite liegt Finsterau. Von dort ist es über den für Kraftfahrzeuge gesperrten Grenzübergang Finsterau/Buchwald möglich Fürstenhut zu erreichen. Von tschechischer Seite ist Knizeci Plane über mehrere Wander- und Radwege erreichbar.

Bucina (deutsch Buchwald) befindet sich im Nationalpark Sumava, die Straße zwischen Kvilda und der Staatsgrenze ist für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr gesperrt. Von Kvilda nach Bucina verkehren die Grünen Busse, ebenso besteht eine Igelbusverbindung von Finstrau bis zur Staatsgrenze. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts führte durch den Urwald mit dem Bergreichensteiner Steig ein wichtiger Handelsweg zwischen Böhmen und Bayern. Er verlor später an Bedeutung und wurde im 17. Jahrhundert zugunsten anderer Routen des Goldenen Steig aufgegeben. Buchwald entstand wahrscheinlich im 1770 als Ansiedlung von Holzfällern. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Buchwald zur Tschechoslowakei zurück und die deutschen Bewohner wurden vertrieben. Das Gebiet entlang der Grenze wurde zur militärischen Sperrzone erklärt und nicht mehr besiedelt, dadurch verfielen die Häuser in Bučina. Nachdem während des Kalten Krieges der Eiserne Vorhang errichtet wurde, erfolgte 1956 der Abriss des Dorfes. Erhalten blieben ein Hotel, das als Kaserne Verwendung fand, sowie die Kapelle.

Vom Parkplatz aus (einer von vielen Möglichkeiten die Wandertour zu starten) aus folgen wir ein paar hundert Meter den breiten Forstweg in den Wald und biegen dann nach links auf einen kleinen Pfad ein. Der Pfad führt an einem kleinen Kanal (Ochsenstallseige), als Zuleitung zur Teufelsklause, entlang. Immer den Kanal weiter, durch den Jungwald folgend erreichen wir so die Teufelsklause. An der Teufelsklause stand das „Schwellhäusel“, heute steht dort eine Schutzhütte. Es dauerte zwischen 4 Std. und einem Tag bis die Klause gefüllt war. Schneller ging es mit Überleitungswasser aus dem Reschbach. Der Auslauf war mit einem Stopfen verschlossen. Wurde der Verschluß geöffnet, war die Klause in ca. 45 min. leergelaufen. Erstmal wurde die Klause aus Holz um 1820 erbaut. Das zweitemal wurde sie aus behauenen Granitsteinen errichtet. Jahreszahl am Schleusentor 1844. Der sogenannte Schwellgraben diente dazu Wasser aus dem Reschbach in den Teufelsbach umzuleiten, dort mehr Wasser zur Verfügung zu haben, um Holz zu triften. Steil führt uns der Weg jetzt nach unten, immer am Teufelsbach entlang, bis wir die Holzbrücke erreichen und den Teufelsbach und somit auch die Grenze nach Tschechien überqueren. Es ist einfach nur erstaunlich, wie einfach heute im Zuge von Europa Grenzen, die früher mit meterhohen Stacheldraht und Mienen versehen waren überschritten werden. Eine Grenze ist nicht mehr spürbar und hoffentlich gibt es keine Grenzen auch in den Köpfen der Menschen mehr. Nur ein verrostetes, altes Schild errinnert noch an die Grenze und das ist auch gut so!

Der alten Forststrasse, bergauf durch den Wald folgend erreichen wir eine grosse Lichtung und Kreuzung. Eine Informationstafel klärt über den Tonalith Abbau aus vergangen Tagen auf. Tonalith ist mit Granit verwandt und wurde als Baustoff verwendet. Wir wandern gerade aus weiter, immer der Ausschilderung Knizeci Plane folgend. Weideland, Mischwald und Grasflächen begleiten unseren Weg. Alte Mauerreste sind überall erkennbar und deuten auf Verganges hin. Der grossen Sandstrasse folgen wir nach rechts und nach ein paar hundert Metern wieder nach rechts. Bis wir den alten Friedhof von Fürstenhut – Knizeci Plane erreichen.

Das Dorf ist im Jahr 1792 im Zuge mehrerer Ortsgründungen durch die Fürsten von Schwarzenberg entstanden. Das Dorf hatte zu dieser Zeit fast 70 Gebäude und beherbergte mehr als 500 Bewohner. 1864 wurde die Kirche eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die überwiegend deutschstämmige Bevölkerung 1946 vertrieben und die Gebäude bis 1956 abgerissen. Auch die Kirche und der Friedhof wurden zerstört. Die nächsten Jahrzehnte lag der Ort in der Sperrzone an der Grenze zu Deutschland und war der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Erst nach der politischen Wende war die Stelle wieder zugänglich. 1992 bekamen die ehemaligen Bewohner die Erlaubnis die Grabsteine auf dem Friedhof wieder aufzurichten und die Anlage zu sanieren. Der Schutthaufen der Kirche ist von Bäumen bewachsen. Das anstelle der Kirche errichtete Holzkreuz wurde 2007 bei einem Sturm zerstört und durch ein kleineres ersetzt.

Wir verlassen mit gemischten Gefühlen diesen ehrwürdigen Platz wieder und nehmen den gleichen Weg zurück den wir gekommen sind, bis zu der grossen Kreuzung mit Tonalithabbau. Jetzt folgen wir den klein Pfad nach rechts Richtung Bucina. Gesäumt von Wald und offenen Weideflächen schlängelt sich der Pfad hoch. Wir erreichen einen Gedenkstein der Fam. Seewald. Eindrucksvoll wird hier die Geschichte der Seewald´s dargestellt. Weiter bergan erreichen wir Bucina. Kurz nach rechts und wir erreichen das Hotel Bucina und die angrenzende Ausstellung der ehemaligen Grenzanlagen. Nach der Stärkung folgen wir der Teerstrasse hinab zum Grenzübergang Bucina-Finsterau. Wieder auf deutscher Seite steht ein kleines Kunstwerk zum “eisernen Vorhang”. Passend zu unserer Wandertour hier: Grenzen erleben – Grenzen überwinden.

Weiter der Teerstrasse, ein bisschen berauf, biegen wir nach rechts in den Wald ein und folgen der Ausschilderung zur Reschenbachklause. Durch den Jungwald, aber auch durch Baumleichen, folgen wir den Weg nach links und treffen wieder auf die Strasse, die uns zurück zum Parkplatz führt. Viele Eindrücke haben haben wir von dieser Tour mitgenommen. Wir sollten uns aber über eins bewusst sein:

Das einzige was dem Menschen vom Tier unterschiedet: Der Mensch kann aus der Vergangenheit lernen! Und dies sollten wir auch tun!

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